Eckpunktepapier: "Re-Made" im Siegel-Dschungel

Datum der Veröffentlichung: 24. August 2024

Einleitung


Die Verbraucher in Deutschland sehen sich mit einer überwältigenden Flut an Siegeln, Zertifizierungen und Labels konfrontiert, die ihnen die Auswahl von Produkten erleichtern sollen. Doch anstatt Klarheit zu schaffen, führt diese Vielzahl an Kennzeichnungen zu Verwirrung und Misstrauen. Viele Verbraucher können die Bedeutung der verschiedenen Siegel nicht einordnen, was die Kaufentscheidung erschwert und das Vertrauen in die Kennzeichnungssysteme untergräbt. Besonders der Nutri-Score, ein eigentlich hilfreiches Instrument zur schnellen Einschätzung der Nährwertqualität von Lebensmitteln, ist vielen Verbrauchern unbekannt oder unklar. Diesem Problem muss mit einem klaren und vereinheitlichten System begegnet werden, das leicht verständlich und visuell ansprechend ist. Ein "Re-Made in Germany" im Bereich der Verbraucherinformation ist dringend notwendig.



A. Problemstellung


Die Vielfalt an Siegeln und Zertifizierungen auf dem deutschen Markt hat ein Ausmaß erreicht, das für den Durchschnittsverbraucher kaum noch zu überblicken ist. Ob es sich um Bio-Siegel, Fairtrade-Zertifikate, regionale Herkunftskennzeichnungen oder Nachhaltigkeitssiegel handelt – die Unterschiede und Kriterien sind oft undurchsichtig und schwer nachvollziehbar. Dies führt zu mehreren grundlegenden Problemen:


Viele Verbraucher sind verwirrt und misstrauisch gegenüber der Vielzahl an verschiedenen Siegeln. Sie können oft nicht unterscheiden, welche Siegel vertrauenswürdig sind und welche nicht. Diese Unsicherheit führt dazu, dass viele Verbraucher den Siegeln generell misstrauen und sich bei ihrer Kaufentscheidung nicht darauf verlassen.


Ein weiteres Problem ist die Unklarheit der Kriterien. Viele Siegel und Zertifizierungen haben komplexe und oft intransparente Kriterien. Verbraucher wissen nicht, welche Standards hinter einem bestimmten Siegel stehen und welche Bedeutung die verschiedenen Zertifizierungen tatsächlich haben. Dies gilt insbesondere für den Nutri-Score, dessen Bewertungssystem und die dahinterliegenden Nährwertkriterien den meisten Verbrauchern unbekannt sind.


Auch die mangelnde Aufklärung in den Geschäften trägt zur Verwirrung bei. In vielen Discountern und Supermärkten fehlen klare Informationen zu den verschiedenen Siegeln. Wenn überhaupt Informationen vorhanden sind, so sind diese oft unscheinbar platziert und animieren die Verbraucher nicht dazu, sich eingehender zu informieren. Dies führt dazu, dass viele Verbraucher die Siegel und deren Bedeutung ignorieren und sich bei ihrer Kaufentscheidung nicht darauf verlassen.



B. Zielsetzung


Die Hauptziele dieses Positionspapiers sind die Reduktion der Vielzahl an Siegeln und Zertifizierungen sowie die Schaffung klarer, verständlicher und visuell ansprechender Kennzeichnungen. Ein einheitliches System soll entwickelt werden, das Verbrauchern eine schnelle und einfache Orientierung bietet. Dies umfasst die folgenden Kernziele:


Erstens soll die Anzahl der Siegel und Zertifizierungen reduziert werden. Durch die Zusammenführung und Vereinheitlichung bestehender Siegel können Redundanzen vermieden und die Übersichtlichkeit verbessert werden. Ein einheitliches System mit wenigen, aber aussagekräftigen Kennzeichnungen soll entwickelt werden.


Zweitens müssen die Kriterien der verbleibenden Siegel klar und transparent kommuniziert werden. Verbraucher sollen auf einen Blick erkennen können, welche Standards ein bestimmtes Siegel erfüllt. Dies erfordert eine klare Definition und Kommunikation der Kriterien, die den einzelnen Siegeln zugrunde liegen.


Drittens sollen die visuellen Effekte der Siegel verbessert werden. Ein einfaches und ansprechendes Design kann dazu beitragen, dass Verbraucher die Siegel schneller erkennen und deren Bedeutung leichter verstehen. Dies kann durch den Einsatz von Farben, Symbolen und Piktogrammen erreicht werden.


Viertens muss die Aufklärung der Verbraucher in den Geschäften verbessert werden. Klare und gut sichtbare Informationen zu den verschiedenen Siegeln sollen in den Verkaufsräumen bereitgestellt werden. Dies kann durch Informationsstände, Plakate oder digitale Displays und QR-Codes erreicht werden. Verbraucher sollen dazu animiert werden, sich über die Bedeutung der Siegel zu informieren und diese bei ihrer Kaufentscheidung zu berücksichtigen.


Zur Sicherstellung der Glaubwürdigkeit und des Verbraucherschutzes schlagen wir mithin vor, dass die Vergabe von Siegeln und Zertifikaten streng reguliert wird. Jede Institution, die ein Siegel oder Zertifikat anbieten möchte, muss einen Prüfprozess von einer unabhängigen Stelle durchlaufen. Dieser Prozess sollte sicherstellen, dass die Überprüfung und Vergabe dieser Kennzeichnungen auf verbraucherschützenden Kriterien beruhen, die in sich schlüssig und frei von wirtschaftlichen Anreizen sind.


Ein einmal vergebenes Siegel (wie an Lebensmittelhersteller) muss mithinin regelmäßigen Abständen, evtl. durch die Institution, die das Siegel vergibt, kontrolliert werden. 


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Aktuelle Themen

11. April 2025
CDU, CSU und SPD haben sich auf einen ambitionierten Kurs verständigt: Der Koalitionsvertrag 2025 setzt klare Prioritäten – wirtschaftliche Erneuerung, technologieoffener Klimaschutz, eine modernisierte Bundeswehr, ein digitaler Staat und gezielte Entlastungen für Familien, Arbeitnehmende und Rentner. Neben einer neuen Gründerfreundlichkeit und einem massiven Ausbau der Energie- und Wasserstoffinfrastruktur verspricht das Bündnis auch Fortschritte bei der Wohnraumschaffung, der Rentensicherheit, dem Bürokratieabbau und der frühkindlichen Bildung. Der Sozialstaat wird reformiert, Asylverfahren beschleunigt, und die Verwaltungsmodernisierung auf allen Ebenen angepackt. Zugleich bleibt die Handschrift einer stabilitätsorientierten Haushaltspolitik mit Schuldenbremse erkennbar. Verbraucher können sich auf verbesserte Verbraucherrechte im digitalen Raum, fairere Steuersätze und mehr Transparenz bei Lebensmitteln und Dienstleistungen einstellen. Die größten Investitionen werden in Verteidigung, Klima, Infrastruktur und Bildung fließen – vergleichsweise gering bleibt der Aufwand bei Justiz, Kultur und Ehrenamt. Wer alle Inhalte im Detail, aber in leicht verständlicher Sprache nachlesen möchte, findet unsere vollständige Zusammenfassung zum Download hier:
7. April 2025
In Deutschland sind zahlreiche Studiengänge, insbesondere im Bereich der Medizin, durch einen Numerus Clausus (NC) zulassungsbeschränkt. Dies führt dazu, dass viele Bewerber trotz Hochschulreife keinen Studienplatz erhalten. Einige von ihnen entscheiden sich daher, ihren Studienplatz auf dem Rechtsweg einzuklagen. Solche Studienplatzklagen haben in der Vergangenheit sowohl Erfolge als auch Misserfolge verzeichnet. Grundlagen der Studienplatzklage Eine Studienplatzklage basiert auf der Annahme, dass Hochschulen ihre Ausbildungskapazitäten nicht vollständig ausschöpfen und somit zusätzliche Studienplätze verfügbar sind. Durch eine sogenannte Kapazitätsklage wird geprüft, ob die Universität tatsächlich alle verfügbaren Plätze vergeben hat. Ist dies nicht der Fall, kann das Verwaltungsgericht die Hochschule verpflichten, weitere Bewerber zuzulassen. Aktuelle Fallbeispiele erfolgreicher Studienplatzklagen In den letzten Jahren gab es mehrere bemerkenswerte Fälle, in denen Studienplatzklagen erfolgreich waren: Medizinische Hochschule Hannover (MHH) : Im Jahr 2020 wurde ein Student im sechsten Fachsemester Humanmedizin an der MHH durch eine erfolgreiche Studienplatzklage zugelassen. Das Verwaltungsgericht Hannover stellte fest, dass die Universität ihre Aufnahmekapazität falsch berechnet hatte, wodurch zusätzliche Studienplätze verfügbar wurden. Quelle Universität Jena : Zum Wintersemester 2020/2021 einigte sich die Universität Jena in einem gerichtlichen Vergleich darauf, acht weitere Studienbewerber im ersten Fachsemester Medizin aufzunehmen. Dies geschah, nachdem festgestellt wurde, dass die Universität ihre Kapazitäten nicht vollständig ausgeschöpft hatte. Quelle Universität des Saarlandes : Ebenfalls im Wintersemester 2020/2021 verpflichtete sich die Universität des Saarlandes, vier zuvor abgelehnte Studienbewerber im fünften Fachsemester Medizin (klinischer Abschnitt) aufzunehmen. Diese Einigung resultierte aus einer erfolgreichen Studienplatzklage. Quelle Bedeutung der Kapazitätsberechnung Diese Fälle unterstreichen die Bedeutung einer korrekten Kapazitätsberechnung durch die Hochschulen. Fehlerhafte Berechnungen können dazu führen, dass Studienplätze ungenutzt bleiben, obwohl eine hohe Nachfrage besteht. Studienplatzklagen dienen in solchen Fällen dazu, die tatsächlichen Kapazitäten offenzulegen und sicherzustellen, dass alle verfügbaren Studienplätze vergeben werden. Unser Fazit Die Studienplatzklage bleibt ein wichtiges Instrument für Bewerber, die trotz formaler Qualifikation keinen Studienplatz erhalten haben. Erfolgreiche Klagen zeigen, dass Hochschulen ihre Kapazitäten nicht immer vollständig ausschöpfen und dass der Rechtsweg eine Möglichkeit bietet, dennoch einen Studienplatz zu erlangen. Bewerber sollten jedoch beachten, dass solche Verfahren komplex sind und eine sorgfältige rechtliche Beratung erfordern.
7. April 2025
In den letzten Jahren haben mehrere Gerichtsentscheidungen die Rechte von Verkehrsteilnehmern im Zusammenhang mit Geschwindigkeitsmessungen gestärkt. Zentral dabei ist die Frage, ob und inwieweit Betroffene Zugang zu den vollständigen Messdaten erhalten müssen, um die Genauigkeit der erhobenen Geschwindigkeitswerte überprüfen zu können.​ Hintergrund: Standardisierte Messverfahren und ihre Beweisführung Bei Geschwindigkeitskontrollen kommen häufig sogenannte standardisierte Messverfahren zum Einsatz. Diese zeichnen sich durch normierte Abläufe und zugelassene Messgeräte aus, bei denen unter gleichen Bedingungen gleiche Ergebnisse erwartet werden. Gerichte gehen in solchen Fällen oft von der Richtigkeit der Messergebnisse aus, sofern keine konkreten Anhaltspunkte für Messfehler vorliegen. Für Betroffene bedeutet dies, dass sie im Falle eines Einspruchs gegen einen Bußgeldbescheid darlegen müssen, warum die Messung fehlerhaft sein könnte. Hierfür ist der Zugang zu den vollständigen Messdaten essenziell. Recht auf Einsicht in Messdaten Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat in einem Beschluss vom 12. November 2020 betont, dass Betroffene in Ordnungswidrigkeitenverfahren grundsätzlich ein Recht auf Zugang zu den bei der Bußgeldbehörde vorhandenen, aber nicht zur Akte genommenen Informationen haben. Dies umfasst insbesondere die Rohmessdaten der Geschwindigkeitsmessung. Das Gericht führte aus, dass das Recht auf ein faires Verfahren es erfordert, dem Betroffenen die Möglichkeit zu geben, die gegen ihn erhobenen Vorwürfe umfassend zu überprüfen. Ohne Zugang zu den vollständigen Messdaten sei eine effektive Verteidigung kaum möglich. Weitere gerichtliche Entscheidungen Auch andere Gerichte haben sich mit der Thematik befasst:​ Verfassungsgerichtshof Baden-Württemberg : In einem Urteil vom Januar 2023 entschied der Verfassungsgerichtshof Baden-Württemberg, dass Betroffenen Zugang zu den Wartungs- und Reparaturunterlagen des verwendeten Messgeräts gewährt werden muss. Die Verweigerung dieser Einsicht stelle einen Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens dar. ​ Amtsgericht Koblenz : Das Amtsgericht Koblenz entschied, dass Betroffene das Recht haben, bestimmte Messdaten und -unterlagen einzusehen, um eine ordnungsgemäße Verteidigung sicherzustellen. Dies basiert auf dem Grundsatz des fairen Verfahrens, der sowohl im Strafprozessrecht als auch im Bußgeldrecht gilt. Bedeutung für Betroffene Diese Entscheidungen unterstreichen die Bedeutung der Transparenz bei Geschwindigkeitsmessungen. Für Betroffene bedeutet dies, dass sie im Falle eines Bußgeldverfahrens das Recht haben, die vollständigen Messdaten einzusehen, um die Messung auf mögliche Fehler überprüfen zu können. Dies stärkt die Verteidigungsrechte und trägt zu einem fairen Verfahren bei.​ Unser Fazit Die aktuelle Rechtsprechung betont die Notwendigkeit der Transparenz und des Zugangs zu vollständigen Messdaten bei Geschwindigkeitskontrollen. Betroffene sollten sich dieser Rechte bewusst sein und im Falle von Zweifeln an der Messgenauigkeit entsprechende Einsicht in die Messunterlagen verlangen.