Mobbing und Bossing am Arbeitsplatz: Rechtliche Einordnung und aktuelle Rechtsprechung
Datum der Veröffentlichung: 7. April 2025

Mobbing und Bossing gelten als strukturelle Konflikte in Arbeitsverhältnissen, die regelmäßig Gegenstand arbeitsgerichtlicher Verfahren sind. Dabei handelt es sich nicht um gesetzlich definierte Tatbestände, sondern um durch die Rechtsprechung entwickelte Begriffe. Unter Mobbing wird im arbeitsrechtlichen Sinne das systematische Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren von Beschäftigten verstanden. Bossing bezeichnet dabei speziell das Mobbing durch Vorgesetzte.
Rechtliche Grundlagen
Im deutschen Arbeitsrecht existiert kein eigenes Mobbinggesetz. Ansprüche bei Mobbinghandlungen ergeben sich aus allgemeinen zivil- und arbeitsrechtlichen Normen, darunter:
- § 241 Abs. 2 BGB (gegenseitige Rücksichtnahmepflicht im Arbeitsverhältnis)
- § 823 Abs. 1 BGB (Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts)
- § 3 Abs. 2 ArbSchG (Pflicht zum Schutz der psychischen Gesundheit)
- § 1004 BGB analog (Unterlassungsansprüche)
Ergänzend kann auch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) greifen, sofern Mobbinghandlungen mit Diskriminierungsmerkmalen wie Geschlecht, Alter, Herkunft oder Religion zusammenhängen.
Kriterien der Rechtsprechung
Die Rechtsprechung hat klare Anforderungen formuliert, damit arbeitsrechtliche Ansprüche wegen Mobbings erfolgreich geltend gemacht werden können. Entscheidend ist die Gesamtschau des Verhaltens:
- Es muss eine systematische, zielgerichtete und wiederholte Schädigung der betroffenen Person vorliegen.
- Einzelne Konflikte oder einmalige Übergriffe reichen nicht aus.
- Die Vorfälle müssen geeignet sein, das allgemeine Persönlichkeitsrecht, die Gesundheit oder die berufliche Entwicklung erheblich zu beeinträchtigen.
Die arbeitsgerichtliche Bewertung erfolgt im Einzelfall, wobei sowohl Art, Dauer und Intensität der Handlungen als auch deren Auswirkungen berücksichtigt werden.
Klagegegenstand und Anspruchsvoraussetzungen
Betroffene Beschäftigte können im Fall nachgewiesenen Mobbings oder Bossings unter anderem folgende rechtliche Schritte einleiten:
- Schmerzensgeld- oder Schadensersatzklage (§ 253 Abs. 2 BGB i.V.m. § 823 BGB)
- Unterlassungsklage (§ 1004 BGB analog)
- Anfechtung von Kündigungen, die im Zusammenhang mit dem Mobbingverlauf stehen
- Anträge auf Versetzung bei gestörtem Vertrauensverhältnis
Die Gerichte verlangen eine substantiierte Darlegung aller relevanten Vorfälle. Eine sogenannte Mobbingtatsachenliste mit Datum, Beteiligten und konkretem Geschehen ist regelmäßig Voraussetzung für die Zulässigkeit und Erfolgsaussicht entsprechender Klagen.
Keine Beweiserleichterung
Im Zivilprozessrecht gilt der Grundsatz der vollständigen Darlegungs- und Beweislast durch die klagende Partei. Die Rechtsprechung lehnt eine generelle Beweiserleichterung für Mobbingopfer bislang ab. Dies ist einer der Gründe, weshalb Mobbingklagen oft scheitern – nicht weil das Verhalten zweifelsfrei zulässig gewesen wäre, sondern weil die prozessualen Nachweise nicht ausreichen.
Unser Fazit
Mobbing und Bossing können arbeitsrechtlich relevante Pflichtverletzungen darstellen. Eine erfolgreiche gerichtliche Geltendmachung erfordert jedoch eine sorgfältige Beweisführung und die Erfüllung hoher juristischer Anforderungen. Die Gerichte erkennen Mobbing an, wenn systematische und gravierende Verletzungen arbeitsvertraglicher Pflichten vorliegen, unterscheiden aber klar zwischen arbeitsrechtlich unzulässigem Verhalten und alltäglichen Konflikten im Betrieb.
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